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hier finden sie die Blawgeinträge.22.11.2010 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Brigitte Birnbaum,
BUDGETBEGLEITGESETZ 3
Neben exorbitanten Gebührenerhöhungen, die an dieser Stelle heftig kritisiert wurden, enthält das Budgetbegleitgesetz- Justiz Neuerungen, die den Alltag der Rechtsanwälte erheblich erschweren. So ist ab 2012 eine Verkürzung der Gerichtspraxis von 9 auf 5 Monate vorgesehen. Aber selbst die verkürzte Praxis soll nur mehr jenen offen stehen, für deren zukünftigen Beruf sie zwingend vorgeschrieben ist. Hier wird am falschen Platz gespart, nämlich bei der Ausbildung. Die Gerichtspraxis ermöglicht nach dem sehr theoretischen Studium der Rechtswissenschaften die erste Möglichkeit eines Einblicks in den Gerichtsalltag. Kenntnisse über Abläufe bei Gericht sind jedem Juristen, egal ob er später in einem rechtsberatenden Beruf oder in der Privatwirtschaft tätig sein wird, unverzichtbar. Hier nimmt das berufliche Networking seinen Anfang. Rechtspraktikanten unterstützen aber auch die Richterschaft, beispielsweise durch Ausarbeitung von Entscheidungsentwürfen. Nur ein längerer Beobachtungszeitraum lässt die Eignung für einzelne juristische Berufe erkennen. Besonders unangebracht erscheint die Kürzung des monatlichen Ausbildungsbeitrages für Rechtspraktikanten von bisher € 1.274,– auf € 1.010,–. Der Gesetzesentwurf sieht weiters vor, dass verhandlungsfreie Zeiten im Sommer und zu Weihnachten der Vergangenheit angehören sollen. Dies obwohl bekannt ist, dass es wenig Sinn macht, zu diesen Zeiten Verhandlungen anzusetzen. Parteien und Zeugen entschuldigen sich regelmäßig mit urlaubsbedingter Abwesenheit. Auch für Rechtsanwälte – immerhin sind in Wien über 60 % Einzelkämpfer – muss ein Urlaub planbar sein. Kostenentscheidungen sollen in Hinkunft erst nach Rechtskraft der Hauptsache durch den Erstrichter erfolgen. Im Gesetz fehlt allerdings eine Frist, innerhalb der die Kostenentscheidung zu erfolgen hat. Der Gesetzgeber erwartet durch diese Vorgangsweise eine Verfahrensbeschleunigung. Weiterhin sind Kostenverzeichnisse in erster Instanz vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu legen, Einwendungen sind dagegen sofort zu erheben. Ebenso sind die Kosten im Rechtsmittel zu verzeichnen. Für unsere Mandanten bedeutet diese Neuregelung, dass sie selbst nach einem gewonnenen Verfahren auf den Kostenzuspruch warten müssen. Rechtsanwälte erhalten mit unzumutbarer Verspätung ihr Honorar. Die Wiener Rechtsanwälte fordern einen Entfall dieser Bestimmung. Zumindest ist aber die Festsetzung einer vierwöchigen Frist für die Kostenentscheidung notwendig.