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hier finden sie die Blawgeinträge.08.11.2010 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Elisabeth Rech,
Budgetbegleitgesetz Justiz
Es ist immer wieder interessant, was die jährlichen Budgetbegleitgesetze in sich verbergen. Denn wer glaubt, dass darin lediglich Gebühren abgehandelt werden, irrt gewaltig. Im Budgetbegleitgesetz 2009 wurde beispielsweise die Geschworenengerichtsbarkeit bis auf einen kärglichen Rest abgeschafft, ohne dass darüber diskutiert worden wäre.
Im für heuer vorgesehenen Budgetbegleitgesetz-Justiz, das soeben zur Begutachtung ausgesandt wurde, beabsichtigt der Gesetzgeber erneut, einen vergleichbar weitreichenden Schritt zu gehen. Eine kriminalpolitische Maßnahme in Form der Entkriminalisierung soll ohne einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Diskussion von statten gehen. Geplant ist die Anhebung der Straflosigkeitsgrenze im Bereich der fahrlässigen Körperverletzung. Denn anstelle der bisher für die Strafbarkeit geforderten über drei Tage dauernden Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit wird jetzt eine mehr als vierzehntägige verlangt. Damit entfällt der größte Anteil fahrlässiger Körperverletzungen - nicht nur im Straßenverkehr. Warum diese Gesetzesänderung im Budgetbegleitgesetz erfolgen soll, geht auch aus den Erläuterungen nicht hervor. Dort liest man lediglich, sie sei rechtspolitisch vertretbar und zweckmäßig. Begründung gibt es keine. Wer nun glaubt, diese Maßnahme habe positive budgetäre Folgen, ist auf dem Irrweg. Denn man erwartet sich auf der einen Seite einen Rückgang aus Einnahmen aus Geldbußen (Diversion) und Geldstrafen, auf der anderen Seite einen Rückgang an Sachverständigengebühren. Das Ergebnis ist damit Null. Keine Notwendigkeit und kein budgetärer Effekt. Warum finden wir dann diese Gesetzesänderung im Budgetbegleitgesetz unter einer Fülle anderer (meist) fiskalischer Regelungen? Vielleicht, damit es nicht so auffällt, und sich der Widerspruch dagegen in Grenzen hält? Ein beträchtlicher Eingang an Budgetmittel ist durch eine andere Maßnahme zu erwarten. In Zukunft soll die Möglichkeit entfallen, eine Geldstrafe zur Gänze bedingt nachzusehen. Auch wenn die Schuld und der Unrechtsgehalt der Tat noch so gering sind, soll eine solche Strafe nicht mehr möglich sein. Der Gesetzgeber begibt sich damit der Möglichkeit, adäquat auf Straftaten zu reagieren und zwar einzig und alleine, um mehr Geld in die staatlichen Kassen zu bekommen. Schon lange in Diskussion und von der Rechtsanwaltschaft immer wieder gefordert ist eine Maßnahme, die der Justizkasse helfen würde zu sparen. Gerade im Strafbereich erhöhen sich aufgrund des Anstiegs an Wirtschaftsstrafverfahren die Kosten für Sachverständige. In diesem Bereich gilt es, Regeln vorzuschreiben, die die Transparenz von Gebührennoten sicherstellen, sodass diese durch das Gericht aber auch die Rechtsanwaltschaft überprüft werden können und damit einer effektiven Kontrolle unterliegen. Solche Regelungen sucht man in diesem Budgetbegleitgesetz vergeblich. Was nicht ist kann aber noch werden. Noch ist es Zeit, das Gesetz zu optimieren. Der Gesetzgeber ist gefordert!