Blawg
hier finden sie die Blawgeinträge.09.03.2015 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Brigitte Birnbaum,
Recht weiblich
In der österreichischen Justiz dominieren die Frauen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Richter und Staatsanwälte beträgt mittlerweile mehr als 54 Prozent. Vor zwanzig Jahren lag er noch unter 20 Prozent. Und vieles deutet darauf hin, dass er auch in Zukunft noch steigen wird. Inzwischen rücken die Frauen auch immer häufiger in Ober- und Oberstgerichte nach. Staatsanwaltschaften und Gerichte haben weibliche Chefs. Das gibt Grund zur Freude und lässt hoffen, dass auch der Anteil von Rechtsanwältinnen noch zunimmt. Wird es in der Justiz bald für die Männer als das unterrepräsentierte Geschlecht Förderpläne geben müssen? Wird das bald zu ähnlichen Problemen wie in den Schulen führen, wo eine massive weibliche Überzahl zu verstärkten Rufen nach mehr männlichen Lehrern geführt hat? In der Justiz ist die Geschlechterverschiebung kein Problem. Nur bei den Familiengerichten, wo einander meist Frau und Mann als Konfliktparteien gegenübersitzen, kommt es gelegentlich ob der Frauenpower zu einem leichten Unbehagen der Männer. Natürlich beurteilt jede Richterin eine Familiensituation objektiv auf Grund der Rechtslage. Gerade hier ist aber das psychologische Vertrauen in die Ausgewogenheit der Justiz besonders wichtig. Gerade hier fehlen vor allem die reiferen Männer, obwohl in Familienkonflikten neben der juristischen Expertise auch die Lebenserfahrung ganz besonders wichtig ist. Eine Ursache dieses Missverhältnisses ist die oft stärkere Aversion von Männern gegen emotionale Konflikte. Eine andere ist wohl die bei Männern stärkere Karriereambition: Denn eine Spezialisierung auf das Familienrecht ist nicht gerade hilfreich, soll die Karriere beim Obersten Gerichtshof enden, bei dem noch immer familienrechtliche
Senate fehlen.