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hier finden sie die Blawgeinträge.16.02.2015 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Elisabeth Rech,
Von Deals und Kronzeugen
Bloß keine amerikanischen Verhältnisse. Das ist die Ansicht des österreichischen Gesetzgebers, wenn es um die Verteidigungsrechte seiner Bürger vor dem Strafgericht geht. Energische Auftritte von Rechtsanwälten, um Deals für ihre Klienten auszuhandeln, bleiben amerikanischen Filmen vorbehalten. In Österreich ist das eine Straftat, und zwar sowohl für Richter als auch Verteidiger. Der Oberste Gerichtshof sieht darin einen eklatanten Widerspruch zu den tragenden Grundprinzipien des österreichischen Strafverfahrensrechtes, namentlich jenem zur Erforschung der materiellen Wahrheit, das ein Kontrahieren des Gerichtes mit (mutmaßlichen) Rechtsbrechern ausschließt. Im Gegensatz dazu ist „dealen“ erwünscht, wenn es um die Rechte der Verfolgungsbehörden geht. Das Kontrahieren mit Rechtsbrechern bis zur Schwerstkriminalität ist plötzlich kein Problem; dass sie nahezu straffrei gehen auch nicht. Als Deus ex machina gegen die überhand nehmende Korruption wurde die Kronzeugenregelung 2010 befristet bis 2016 in unser Strafrecht übernommen. Derzeit erfolgt ihre Evaluierung. Nur – wieviel Material gibt es dazu? Zumindest in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit hat es in fünf Jahren nur ein Kronzeuge geschafft. Daraus könnte man schließen, dass dieses neue Werkzeug der Staatsanwaltschaft nicht angenommen wird. Die Rechtsanwaltschaft hat bis heute ihre ablehnende Stellungnahme zur Kronzeugenregelung im Strafrecht nicht geändert. Ganz im Gegenteil! Sie ist in ihrer Meinung bestärkt und zusätzlich der Überzeugung, dass der fundamentale Eingriff in unser System im Verhältnis zum Ergebnis nicht zu rechtfertigen ist. Amerikanische Verhältnisse – wir wollen sie nicht. Weder für die Verteidigung noch für die Staatsanwaltschaft. Denn Verrat zu belohnen, ist Gift für die Gesellschaft.