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hier finden sie die Blawgeinträge.12.05.2014 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Brigitte Birnbaum,
Gute Richtung, halber Weg
Das StPO-Paket des Justizministers bewegt sich in die richtige Richtung. In Summe ist freilich klar: Bei Vielem hat man sich nur zu kleinen Lösungen durchgerungen. Eindeutig positiv ist es, dass Verdächtige erst dann zu Beschuldigten werden, wenn ein substantielles Verfahren gegen sie beginnt. Und nicht schon dann, wenn jemand eine anonyme Anzeige erstattet (die dann oft ganz „zufällig“ gleichzeitig von Magazinen als angebliche staatsanwaltliche Aktivität veröffentlicht wird). Grundsätzlich positiv, aber weiterhin unzureichend, sind die neuen Sätze für den Verteidigungskostenersatz Freigesprochener.
Noch immer sind in aller Regel die tatsächlichen Kosten wesentlich höher. Nicht gefolgt ist der Minister der Forderung der Rechtsanwaltschaft, Sachverständige, die im Ermittlungsverfahren für die
Staatsanwaltschaft tätig waren, nicht auch im Hauptverfahren als objektive Gerichtssachverständige einzusetzen. Zwar hat die Verteidigung verbesserte Einspruchsrechte gegen die Person des Sachverständigen und es sind von der Verteidigung vorgelegte Privatgutachten bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Waffengleichheit wird dadurch aber noch nicht hergestellt.
Problematisch ist auch, dass Staatsanwälte künftig völlig legal den Medien Auskunft geben dürfen. Sie können damit Existenzen zerstören – selbst wenn es später zu einem Freispruch kommt. Der Konsequenzen für die Betroffenen ist sich das Ministerium offenbar nicht ausreichend bewusst.
Wenig Begeisterung löst schließlich die Befristung der oft unerträglich langen Erhebungen der Staatsanwälte aus. Sind schon die vom Minister genannten drei Jahre extrem lang, so kann diese Frist bei Bedarf durch den Richter verlängert werden. Sind Ermittlungen im Ausland erforderlich, dann verlängert sich die Frist gar automatisch. Die Rechtsanwaltschaft wartet auf die nächsten Reformschritte.