Blawg
hier finden sie die Blawgeinträge.29.04.2013 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Stefan Prochaska,
Zwei Fakten
Gerade ist der Schock nach dem Anschlag in Boston abgeflaut, da fragt man sich in Europa, was getan werden muss, um Ähnliches hier zu verhindern. Ein Reflex gebiert die üblichen Antworten: Mehr Überwachung, mehr aufgezeichnete Telefonverbindungen, Daten der Fluggäste auf Vorrat, und alle die im öffentlichen Raum spazieren, sollen auf Video gebannt sein.
Egal, wie eng das Netz rund um das hohe Gut der Freiheit des Einzelnen gesponnen wird, es können damit Anschläge wie jene von New York, London, Madrid oder jetzt Boston niemals verhindert werden. Das ist ein Faktum. Dagegen ist der Preis, der vom Einzelnen bezahlt werden muss, ein unverhältnismäßig hoher. Was geschieht mit einer Gesellschaft, die sich schleichend von einer freien und den Grundrechten verpflichteten hin zu einer total überwachten entwickelt? Eine mögliche Konsequenz ist, dass die Menschen „das Gefühl verlieren, frei, selbstbestimmt und unbeobachtet leben zu können. (...) Das Verhalten der Menschen wird sich unter der verdachtsunabhängigen Erfassung alltäglicher Lebensäußerungen schleichend verändern, wo Vertrauen die Basis war, wird Misstrauen herrschen.“ So beschreibt es der „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“
in einem Antrag an den VfGH zur Überprüfung des Telekommunikationsgesetzes zur Speicherpflicht von Daten. Auch der VfGH hat Bedenken, ob die Vorratsdatenspeicherung und das Grundrecht auf Datenschutz kompatibel sind. Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat dieser Tage die Notbremse gezogen und das Abkommen über die
EU-Fluggastdaten (Passenger Name Records) abgelehnt. Ob Sie Ihre Freunde anrufen oder im Flugzeug Fisch oder Huhn bestellen, immer interessiert sich schon jemand dafür. Sie stehen unter Generalverdacht und müssen sich rechtfertigen. Das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung