Blawg
hier finden sie die Blawgeinträge.18.03.2013 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Elisabeth Rech,
Wir haben gelernt
Der 13. März 1938 bedeutete nicht nur das vorläufige Ende für Österreichs Existenz, sondern leitete auch für die Rechtsanwaltschaft eine tragische
Entwicklung ein. An diesem Tag sind in der Wr. Rechtsanwaltskammer 2.541 Rechtsanwälte eingetragen, am 31. Dezember sind es nur mehr 771–1.755 Rechtsanwälte werden aus rassischen Gründen oder wegen politischer Unzuverlässigkeit aus der Liste gestrichen. Parallel dazu werden in diesem Jahr auch 430 Konzipienten gelöscht. Ein Aderlass, der nicht nur unvorstellbares persönliches Leid für die Betroffenen und deren Familie brachte, sondern auch das endgültige Aus für die Reste des damaligen Rechtslebens bedeutete. Zu lange wurde geschwiegen, zu lange hatte man die erkämpften Grund- und Freiheitsrechte vergessen.
Die Rechtsanwaltschaft hat daraus gelernt und ist in der 2. Republik zu einem unermüdlichen Kämpfer für Demokratie geworden. Das Einstehen für Unterprivilegierte oder Minderheiten ist ihr Markenzeichen. Sie hat zu vielen auch unpopulären Themen führend Stellung bezogen, etwa bei ihrer Initiative zur Gleichstellung des unehelichen Kindes oder der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Die Politik und der Gesetzgeber sind gut beraten, auf die Stimme der Rechtsanwaltschaft bereits im Vorfeld zu hören und nicht erst auf höchstgerichtliche Korrekturen zu reagieren. Stetig warnt die Rechtsanwaltschaft vor der Unersättlichkeit des Staates bei Erfassung persönlicher Daten und seiner Bereitschaft, sie sogar an Drittstaaten weiterzugeben, begründet mit wirtschaftlicher Notwendigkeit oder aus Gründen der Sicherheit. Gerade das Gedenken an die Ereignisse des Jahres 1938 und der damalige Missbrauch von – nicht einmal elektronisch erfassten – Daten müssen zur Vorsicht mahnen. Wir Rechtsanwälte haben aus der Geschichte gelernt.