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hier finden sie die Blawgeinträge.24.09.2012 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Stefan Prochaska,
Geld statt Gerechtigkeit!
Geld statt Gerechtigkeit!
Sachverständigen kommt aufgrund der Vielfältigkeit der von den Gerichten zu entscheidenden Fragen eine große Bedeutung zu. Sie sind die „Gehilfen des Richters“ und werden vom Gericht bestellt.
In der Praxis greifen die Richter im Strafverfahren jedoch gerne auf den im Ermittlungsverfahren bereits vom Staatsanwalt bestellten Sachverständigen zurück. Damit wird der „Gehilfe des Anklägers“ zum „objektiven“ Gerichtssachverständigen, während der vom Angeklagten beauftragte Gutachter zumeist nicht einmal als Zeuge zugelassen wird.
Indem somit der Ankläger seinen Gutachter als Gerichtssachverständigen in das Verfahren einschleppen kann, ergibt sich ein massives Ungleichgewicht, das letztlich das Ziel dem Angeklagten ein faires Verfahren zu garantieren, vernichtet.
Auf ein faires Verfahren hat aber jeder Angeklagte ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht.
Diese aus rechtstaatlicher Sicht äußerst bedenkliche Doppelbestellung von Sachverständigen im Strafverfahren wird vom Gesetzgeber aber nicht nur toleriert, sondern war sogar mit der Argumentation gewünscht, dass dadurch die Verfahren günstiger und schneller hätten werden sollen. Eine solche Argumentation ist nicht haltbar.
Wird das Hauptverfahren eingeleitet, brauchen sowohl der Angeklagte, dessen Gutachter und der Richter selbst Zeit, sich in den Akt einzuarbeiten. Währenddessen hat sich aber auch ein nicht am Ermittlungsverfahren beteiligter Gerichtsgutachter eingearbeitet, womit das Argument der Zeitersparnis schlichtweg ins Leere geht.
Übernimmt schließlich ein vom Ankläger losgelöster Gerichtssachverständiger die Aufgaben des bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewordenen Gutachters, fällt das Kostenargument weg. An Mehrkosten würde bloß die Einarbeitungszeit des Gerichtssachverständigen anfallen. In Anbetracht dessen, was auf dem Spiel steht, nämlich die Frage, ob Österreich ein Rechtsstaat sein will, müssen sie sogar verkraftbar sein. Alles andere wäre schlicht das Zeichen, dass Österreich es zugunsten einer Kostenneutralität des Justizsystems aufgegeben hat, ein rechtsstaatliches Gerichtssystem überhaupt zu wollen.