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hier finden sie die Blawgeinträge.07.07.2011 | Blawgarchiv | Mail an den Autor
Dr. Michael Auer,
EUROPA LEBT
Vom 19. bis 21. Mai hat in Luxemburg der 6. europäische Juristentag stattgefunden. Das erste Thema beschäftigte sich mit der Finanzregulierung und der Verstärkung des Kapitalanlegerschutzes. Damit im Zusammenhang stand die Diskussion über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer als eigene Steuer der EU oder als Maßnahme der Harmonisierung für nationale Finanztransaktionssteuern. Das zweite Thema widmete sich den Grundrechten. Die EU-Kommission hat in einer ersten zusammenfassenden Beurteilung der EU-Grundrechtscharta, nach In-Kraft-Treten des Lissabon- Vertrages, bessere Informationen der europäischen Bevölkerung eingefordert. Viele wüssten nicht, wie sie ihre Grundrechte durchsetzen und wer dafür zuständig ist. Der EuGH reflektierte die verfahrensrechtlichen Folgen eines Beitritts der EU zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und kam zur Ansicht, dass der Grundrechtsschutz des Einzelnen sowohl mit der erweiterten Klagebefugnis bei Direktklagen, als auch im Rahmen eines, auch subjektiv-rechtlich verstandenen, Vorabentscheidungsverfahrens verbessert ist. Die Individualbeschwerde nach der EMRK ergänzt die Rechtsbehelfe bei „unmittelbarer“ Betroffenheit des einzelnen Bürgers. Effektiver Rechtsschutz ist das Gebot der Stunde. Thema drei hatte das Informationsrecht als neues und eigenständiges Rechtsgebiet zum Inhalt. Jedes Recht auf Information findet im Recht auf Geheimhaltung eine rechtliche Grenze. Das europäisch festgelegte Transparenzgebot hat jedenfalls Grenzen im öffentlichen Sektor wie auch in der Justiz. Allgemeines Informationsfreiheitsrecht, Umweltinformationsrecht, aber auch Verbraucherinformationsrecht werden uns im Zusammenhang mit dem Europarecht und dem internationalen Recht, vermehrt beschäftigen. Unser Bewusstsein weitet heute schon die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, wonach jeder Unionsbürger, sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedsstaat das Recht auf Dokumentenzugang hat. Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, wonach die Mitgliedsstaaten „allen Antragstellern“ den Zugang zu amtlichen Umweltinformationen auf Antrag gewährleisten müssen und die am 1. 7. 2010 in Kraft getretene Richtlinie für die Weltbank (Grundsatz genereller Öffentlichkeit aller Weltbankinformationen) sind bis heute relativ unbekannt geblieben. Wir sehen, Europa lebt.